Bachelor und Master - Österreich ist skeptisch

Die akademischen Titel Bachelor und Master sind nach wie vor umstritten. Was hat der Bologna-Prozess für die Karriereaussichten von Absolventen gebracht?

Von Thomas Duschlbauer

Es gibt zwei Dinge, die wirklich landestypisch für Österreich sind: der hohe Stellenwert von Titeln aller Art und der Dauerbrenner namens "Bildungsreform". Genau an dieser ohnehin schon sehr emotionsgeladenen Schnittstelle liebgewordener Eigenheiten dockt der Bologna-Prozess zur Schaffung eines europaweit einheitlichen Hochschulraumes an.

Die Magister werden aussterben

Kein Wunder also, dass dies nicht unbedingt auf große Gegenliebe stieß und es intensive Diskussionen gab. Hauptargument der Gegner war der hohe Grad der Verschulung und damit auch der Verlust von Autonomie – insbesondere bei den Universitäten, die im Wettbewerb mit den Fachhochschulen stehen und sich daher ohnehin vermehrt an den Interessen der Wirtschaft orientieren müssen.

Überschattet wurde dieses Thema aber noch von der Diskussion über Studiengebühren und langen Studienzeiten an den Universitäten, so dass der Bologna-Prozess nicht ganz oben auf der Agenda stand und mittlerweile so gut wie abgeschlossen ist. Die Magister werden also langsam aussterben, lediglich der Diplomingenieur (DI) konnte sich als Unikum weiter behaupten. Er wurde bei den Personalisten aber schon immer höher eingestuft als der Magister.

Höhere Durchlässigkeit

Die ersten Erfahrungen zeigen inzwischen auch schon die Stärken und Schwächen der Umsetzung. Das Hauptziel, die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen in Europa ist sicherlich erreicht worden. Studenten können jetzt einige Semester im Ausland studieren und sich ihre Lehrveranstaltungen in Österreich anrechnen lassen. Probleme gibt es aber immer noch in der Durchlässigkeit innerhalb des Landes. Denn traditionell ist es in Österreich schwer, beim Studium woanders anzuknüpfen.

Dies zeigte sich beispielsweise bei einem Studium mit einer Fächerkombination. Wenn ich früher im Fach A meine Diplomarbeit abgeschlossen und das Studium beendet hatte, konnte ich nicht einfach im Fach B meine Dissertation schreiben, während es im angelsächsischen Raum so gut wie kein Problem darstellt einen Bachelor in Geschichte zu absolvieren und dann für einen Master für Kreatives Schreiben zu inskribieren. Dieses Switchen ist zwar leichter geworden, nach wie vor aber nicht unproblematisch. Irgendwie wäre es vergleichbar mit der Situation, dass man bei uns den englischen Linksverkehr einführt, aber die Verkehrszeichen so belässt wie vorher.

Wechsel von Wien nach Manchester leichter als nach Graz

Selbst wenn man sich innerhalb der Disziplin bewegt ist es manchmal leichter von Wien nach Manchester oder Heidelberg zu wechseln als nach Graz. Diese Schwäche bei der Durchlässigkeit zeigt sich beispielsweise auch an so mancher Fachhochschule. Dort können für die attraktiven Masterstudiengänge hauptsächlich Bachelorabsolventen der eigenen Fachhochschule gewonnen werden, was allerdings auch mit der Mobilität der Studenten zu tun haben kann.

Die Stärken und Schwächen dieses Prozesses zeigen sich natürlich auch in der Akzeptanz der neuen Titel. Der "Bachelor", oder in der Anfangszeit der Umstellung der "Bakkalaurus", hat höchstens dann einen Stellenwert, wenn er an einer Fachhochschule erlangt wurde und eine gewisse Spezialisierung erkennbar ist. Ansonsten wird er in der Wirtschaft als eine Art der Grundausbildung wahrgenommen und speziell im öffentlichen Dienst hinsichtlich der Gehaltseinstufung nicht einmal als akademischer Grad anerkannt.

Abwartende Haltung der Wirtschaft

Generell ist hier eine abwartende Haltung zu erkennen, weil erst jetzt die ersten Erfahrungen gesammelt werden. Der Großteil der Absolventen, die nicht rein operative Tätigkeiten übernehmen wollen, ist daher gut beraten, das Studium mit einem Master fortzusetzen. Hier setzt auch die Kritik an, dass diese Chance eher von männlichen Absolventen genutzt wird als von weiblichen.

Im Gegensatz zum Bachelor haben die Master einen höheren Grad der Spezialisierung und verfügen auch über bessere methodische Kenntnisse sowie über mehr Soft Skills, weshalb sie zweifellos auch für Führungsaufgaben geeignet sind. Der Master ist in der Wirtschaft auch geläufiger aufgrund zahlreicher Postgraduate-Ausbildungen, die schon früher im Ausland absolviert wurden. Dadurch, dass im Zuge der Umstellung der Zusatz (FH) bei den Titeln weggefallen ist, lässt sich behaupten, dass der Bologna-Prozess den Fachhochschulen einen leichten Vorteil gebracht hat.

Vorteil für die Fachhochschulen

Denn früher wurden Magister (FH) nicht so gut bezahlt wie Uni-Absolventen. Die Fachhochschüler fanden lediglich schneller einen Job, da ihr Studium von der Wirtschaft generell als praxisnäher eingestuft wird. Die Fachhochschulen haben die Bologna-Umstellung als Chance begriffen und schnell vollzogen, sodass die Titel heute nicht mehr unterscheidbar sind.

Der Doktortitel wird wegen der nun zuvor stattfindenden Differenzierung zwischen Bachelor und Master künftig wahrscheinlich weniger häufig angestrebt werden. Er genießt in der Wirtschaft sicherlich noch hohes Ansehen, wird allerdings selten entsprechend bezahlt. Abgesehen von speziellen Berufsgruppen wie der Ärzteschaft oder den Juristen wird er nicht mehr diese Bedeutung haben, und die Wirtschaft ist derzeit ohnehin daran interessiert, möglichst rasch Absolventen zu bekommen. Die Entscheidung für dieses Studium ist daher auch zunehmend eine Entscheidung für die akademische Laufbahn an der Universität, die mit einem großen Interesse an der Forschung verbunden ist.