Die grauen Zellen auf Trab bringen

Assistentin, Zeitplaner, Blackberry - keine dieser Beigaben ist im Beruf so wichtig wie das eigene Gehirn. Denn in einem Gespräch kommt es zum Beispiel darauf an, Fakten präsent zu haben und Namen zu kennen - und dabei können weder Mensch noch Maschine behilflich sein.

"Gehirnjogging" ist ein Wort, das derzeit in aller Munde ist - denn die Fitness der grauen Zellen ist nicht mehr nur assoziiert mit älteren Herrschaften, die ihr Hirn vor dem Einrosten retten wollen. Entsprechende Spiele für Spielekonsolen haben das Rätseln und Trainieren auch für die jüngere Generation attraktiv und spannend gemacht.

Tägliches Üben hilft

Die Idee: Wer sein Gehirn täglich beispielsweise mit leichten Wortspielen oder Rechenaufgaben auf Trab hält, bleibt geistig flexibler und wendiger. Dass das Training der grauen Zellen keine Schwerstarbeit ist - sondern, im Gegenteil, viel Spaß macht, vermittelt auch der Münchner Gedächtnisexperte Markus Hofmann in seinen Vorträgen und Seminaren.

Das Gehirn sei wie ein Muskel, dass genau so trainiert werden möchte wie der Körper. "Um sich aber auf ein hohes geistiges Niveau zu begeben, reichen schon wenige Stunden", sagt Hofmann. Hierzu gebe es faszinierende Tipps und Tricks, die jeder kinderleicht anwenden kann. Die lustige Art und Weise, mit der er bei seinen Seminaren zu Werke geht, sei wichtig für den Erfolg. "Denn Humor ist ein extrem wichtiger Schlüssel zu einem guten Gedächtnis."

Langeweile ist schlecht fürs Gehirn

Kontraproduktiv sei für das Gehirn alles, was Langeweile erzeugt, sagt er. Das gelte auch für anspruchsvolle Tätigkeiten. "Wenn man etwa als Manager jeden Tag Verhandlungen führt, dann kann man das zwar gut, aber es ist nicht mehr spannend." Daher sei es wichtig, sich jeden Tag neuen Herausforderungen zu stellen, um geistig kreativ und flexibel zu bleiben. Das können ganz einfache Dinge sein, die sich mühelos auch in den stressigsten Tagesablauf integrieren lassen, betont Hofmann.

"Putzen Sie sich doch mal mit der anderen Hand die Zähne oder fahren Sie einen anderen Weg zur Arbeit", schlägt er vor. Auch die Zeit auf dem Kopf zu lesen, motiviert Teile des Gehirns, die sonst eher brach liegen. Fortgeschrittene Gehirnakrobaten können sich daran machen, etwa ihren Terminkalender im Kopf abspeichern oder die Telefonnummern aus dem Handy-Adressbuch zu lernen.

Jeder kann sich alles merken

"Jeder kann sich alles merken, wenn er das Gehirn richtig nutzt“, sagt er. Kontraproduktiv sei allerdings, sich selbst ins Abseits zu stellen und zu meinen, Dinge nicht zu können. "Das ist eine schwierige Spirale nach unten.“ Übung, Technik und Wiederholung seien die wichtigsten Komponenten, um das Gehirn zu trainieren.

Sich Dinge merken zu können, hänge allerdings auch mit Motivation zusammen, sagt er. "Wenn ich etwas bewusst im Kopf abspeichere, kann ich in der Regel dies auch wieder abrufen.“ Lege man hingegen etwa einen Schlüssel unbewusst an eine ungewohnte Stelle, könne es gut sein, dass man ihn nicht spontan wieder finde.

Das gesamte Gehirn nutzen

Schon die alten Griechen haben ihren Gehirnen Höchstleistungen abverlangt - das allerdings hing mit den äußeren Faktoren zusammen. Schüler des Philosophen Sokrates merkten sich, was ihnen ihr Lehrer beibrachte - denn das war weitaus einfacher, als die Notizen einer Vorlesung auf Steinplatten zu meißeln.

Wichtig bei Trainingstechniken, wie etwa Hofmann sie lehrt, ist die Nutzung des gesamten Gehirns - also beider Gehirnhälften. "Die linke ist vorwiegend für Logik zuständig und steht bei den Mitteleuropäern im Vordergrund." Die rechte hingegen ist die emotional geprägte Seite. "Wenn man nun beide Gehirnhälften mit Hilfe von Fantasie und Bildern verknüpft, lässt sich auf unterhaltsame Art jede Menge Wissen abspeichern."

Schon als Schüler das Gehirn auf Trab bringen

Gedächtnistraining eignet sich nach Hofmanns Worten für jeden: "Schüler und Studenten können sich so leichter auf Prüfungen vorbereiten und markant bessere Noten schreiben - denn sie haben den Spickzettel praktisch im Kopf.“ Für Berufstätige sei das Gehirnjogging vor allem geeignet, um sich Namen und Gesichter, Telefonnummern oder Fachwissen besser merken zu können.

Dazu vermittelt er Techniken, die kompliziert und langwierig klingen. "Sind sie aber nicht - das klingt schwieriger, als es tatsächlich ist", betont er. Namen seien so ein Beispiel: "Wenn Sie sich Namen merken wollen, richten Sie sich einen mentalen Briefkasten in Ihrem Kopf ein.“ Damit könne jeder Namen zu einem Gesicht blitzschnell abspeichern und wieder abrufen. "Bevor sich diese Person vorstellt, suchen Sie sich ein charakteristisches Merkmal, das Ihnen spontan ins Auge fällt.“ Eigenheiten im Gesicht wie ausgeprägte Falten, eine hohe Stirn, ein markanter Mittelscheitel, lange Kotletten oder auffälliger Schmuck können das sein.

Nie wieder Namensblackouts

Der Name muss dann mit dem ausgewählten Briefkasten verknüpft werden. "Da der Name für sich kein Bild ist, müssen Sie ihn erst in ein Bild verwandeln." Ein Christian könnte zum Beispiel ein Kreuz symbolisieren. Ein Thomas eine Tomate und eine Anna eine Annanas. Zusammengeführt wird das dann wie folgt: "Wenn Sie sich etwa die große Nase einer Person namens Thomas als Briefkasten merken, könnten Sie in Gedanken die Tomate auf seiner Nase ausdrücken.“ Eigenschaft, Briefkasten und Name sind nun miteinander verknüpft. Die Assoziation mit dem Bild "Tomate auf Nase“ kommt unweigerlich bei jedem Wiedersehen ins Gedächtnis und mit ihr transportiert das Gehirn auch den Namen. Auch wenn das zu zunächst merkwürdig klingen mag – die grauen Zellen funktionieren so.

Neben Zahlen- oder Namensblackouts sind wohl die bei öffentlichen Reden die am meisten gefürchteten Aussetzer im Berufsleben. "Wir sind aufgeregt und stoßen Adrenalin aus - das verhindert, dass die Neurotransmitter im Gehirn die elektrischen Reize verarbeiten können, der Blackout folgt.“ Cool und gelassen bleiben ist der Rat des Gedächtnistrainers - und sich klar machen, dass das Publikum nur einen Bruchteil der inneren Aufregung wahrnimmt.

Sich selbst überlisten

Sich selbst überlisten könne man mit ein paar einfachen Übungen vor einem solchen Auftritt. "Man sollte sich vorher geistig aktivieren, mit Koordinations-, Konzentrations- oder Gehirnjogging-Aufgaben", sagt er. Wer sich ein paar Minuten geistig mit einer solchen Aufgabe auseinander setzt, konzentriere sich auf einen Punkt. "Das hilft dabei, die nächste Viertelstunde sehr konzentriert zu bleiben."

(Verena Wolff)