Entsendung: Das Ausland braucht Manager
In Österreich steigt die Zahl der Entsendungen ins Ausland. Längst entsenden nicht mehr nur große und mittelständische, sondern auch kleine Unternehmen ihre Mitarbeiter.
Auch in Österreich steigt im Zuge der Globalisierung die Zahl der Entsendungen ins Ausland. "Es werden immer mehr", sagt Andreas Walch, leitender Angestellter der ICON Wirtschaftstreuhand GmbH (Linz), die sich auf die Beratung bei steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen im Rahmen von Auslandsentsendungen spezialisiert hat. Längst würden nicht mehr nur große und mittelständische, sondern auch kleine Unternehmen Mitarbeiter entsenden, so genannte Expatriates.
Transfer von Managementfähigkeiten steht im Fokus
"Dabei geht der Trend eindeutig hin zum Transfer von Managementkapazitäten. Viele Unternehmen folgen ihren Kunden ins Ausland und investieren dort in Tochtergesellschaften und Beteiligungen", sagt Walch. Früher habe der Transfer von Fach-Know-how und die Entsendung von Montagespezialisten im Mittelpunkt gestanden. Dass sich ähnlich wie in Deutschland bei der Dauer der Einsätze das Verhältnis zugunsten von Kurz- (12 bis 18 Monate) und Pendlereinsätzen verschoben hat, beobachtet Walch nicht.
"Im Bereich der Führungskräfte dauert bei uns ein Auslandseinsatz in der Regel drei bis fünf Jahre", sagt Georg Heckmann, Leiter Strategisches Personalmanagement bei der voestalpine AG, die über ihre Tochtergesellschaften in mehr als 90 Ländern aktiv ist. 20 bis 30 Führungskräfte werden derzeit pro Jahr entsandt. "Das sind deutlich mehr als noch vor ein paar Jahren", sagt Heckmann.
Wichtiger Baustein in der Karriereentwicklung
Bei voestalpine ist der Auslandseinsatz ein entscheidender Baustein in der Karriereentwicklung einer Führungskraft. Internationale Mobilität wird erwartet. Nur einer von zehn Führungskräften bleibt länger als fünf Jahre im Ausland. Die Führungskraft würde dann einen lokalen Anstellungsvertrag erhalten. "Nach fünf Jahren wird der familiäre Entfremdungseffekt zu groß. Außerdem ist dann der Erwerb von Pensionsansprüchen im Heimatland nicht mehr möglich", erklärt Heckmann.
Möglichst rasch lokale Kräfte einarbeiten
Im Mittelpunkt der Entsendung der Führungskräfte steht der Transfer von Prozessen und Verfahren (Managementfähigkeiten). "Wir wollen so schnell wie möglich unseren Konzernstandard umsetzen", sagt Heckmann. Ein Ziel der Entsendung sei aber auch, möglichst rasch lokale Kräfte für die Aufgaben zu entwickeln und einzuarbeiten. "Dabei spielen nicht nur Kostengründe eine Rolle. Wir sind ein dezentral ausgerichtetes Unternehmen. Mit lokalen Kräften kann das besser umgesetzt werden", erklärt Heckmann.
Dazu bedarf es eines international ausgerichteten Management Development Systems, an dem Führungskräfte und Führungsnachwuchskräfte aus der ganzen Welt gleichberechtigt teilnehmen können. "Wir sind noch zu sehr auf Österreich konzentriert", sagt Heckmann. Vor kurzem sei das Management Development System daher durch neue Inhalte (wie etwa Internationalisierung und Integration) ergänzt und die Sprache auf Englisch umgestellt worden. Künftig werden die Module nicht mehr nur in Österreich stattfinden. Dadurch können auch (Reise-) Kosten gespart werden.
Auslandsentsendungen sind teuer
"Eine Entsendung ist teuer", sagt Walch zur Kostensituation. Ziehe die Familie mit dem Expatriate ins Ausland, entstünden den Unternehmen spürbar mehr Kosten etwa für Kindergarten- und Schulbesuch, Heimreisen und eine größere Wohnung. Finanzielle Entschädigungen für den Ehepartner, der im Heimatland seinen Job aufgeben muss (Spouce Allowance), sind in Österreich kaum verbreitet.
Auch bei voestalpine wird eine Spouce Allowance nicht bezahlt. Ansonsten versucht der Stahl- und Weiterverarbeitungskonzern durch eine Schnupperreise samt Familie ins Gastland, eine generelle Mobilitätszulage, eine am Heimatland orientierte Entlohnung (Nettovergleichsrechnung) und mittels anderer Zulagen (zum Beispiel Lebenshaltungskostenausgleich) das Auslandsengagement attraktiv zu gestalten. Hinzu kommen finanzielle Hilfen für Übersiedlungs- und Wohnungskosten, die Mitnahme von Familienangehörigen, Heimreisen und für Schul- und Ausbildungskosten der Kinder.
Gehälter an die Verhältnisse vor Ort anpassen
Damit durch die Vergütung der Expatriates das lokale Gehaltsgefüge nicht aus dem Ruder läuft, empfehlen Berater, an einigen Stellschrauben zu drehen. Die Zulagen müssten die Situation vor Ort abbilden. So könne dem Lebenshaltungskostenausgleich das tatsächliche Einkaufsverhalten des Expatriates zu Grunde gelegt werden. Bei der Mobilitätszulage ist sogar ein Trend zur generellen Überprüfung zu beobachten. "Die Vergütungssituation ist differenzierter geworden", sagt Walch. Insbesondere große Unternehmen würden sich inzwischen stärker an der lokalen Vergütung orientieren.
Die passenden Kandidaten finden
Um die passenden Kandidaten für einen Auslandseinsatz zu gewinnen, setzt voestalpine in Österreich ganz auf die Kompetenzen in den Divisionen und Tochtergesellschaften des Konzerns. "Obwohl die Divisionsgrenzen noch nicht durchlässig genug sind, haben sie den besten Überblick und wir akzeptieren in der Regel die dezentrale Auswahl", sagt Heckmann. Eine optimale Abstimmung zwischen Entsende- und Karrieremanagement garantiere dies aber nicht. Werde zum Beispiel ein technischer Geschäftsführer für einen Einsatz im Ausland gesucht, treffe die Wahl zum Beispiel höchstens zufällig auf eine der ohnehin wenigen weiblichen Nachwuchsführungskräfte, bei der das Auslandsengagement innerhalb der Karriereentwicklung fest eingeplant sei, so Heckmann.
Walch von der ICON Wirtschaftstreuhand GmbH beobachtet, dass Unternehmen durchaus Schwierigkeiten haben, die notwendige Anzahl von Expatriates zu finden. "In einigen Unternehmen funktioniert das gut, in anderen eher schlecht", sagt Walch. Für Fach- und Führungskräfte im Alter zwischen 30 und 35 Jahren sei das Auslandsengagement ein mögliches Sprungbrett für die Karriere, eine Garantie dafür gebe es aber nicht. "Gerade in diesem Alter haben die Kandidaten häufig kleine Kinder. Das macht die Entscheidung schwer", sagt Walch. Hinzu komme, dass Österreicher nicht sehr mobil seien und sich die Entsendungen zunehmend von Mittel- und Osteuropa nach China, Indien und den Golfstaaten verlagerten. Hauptmarkt bleibe für viele Unternehmen allerdings Deutschland.
Bessere Karriereplanung für die Rückkehrer
Vor allem Verbesserungsbedarf sieht Heckmann beim Rückkehrmanagement. Das Recht auf einen bestimmten Arbeitsplatz zurückzukehren, gibt es bei voestalpine nicht. Implizit werde mit einer Führungskraft aber vereinbart, dass sich das Auslandsengagement positiv auf die Karriere auswirke, so Heckmann. Damit die gesteigerten Erwartungen von Expatriates realistisch bleiben, empfehlen Experten, Mitarbeitergespräche auch während des Auslandseinsatzes zu führen. Deren Ergebnisse laufen zurück in die Personalabteilung im Heimatland.
"Viel schwieriger sind jene Einsätze im Ausland, die aus Gründen, die die Führungskraft nicht beeinflussen konnte, wenig erfolgreich waren", spricht Heckmann einen weiteren neuralgischen Punkt an. Seitens der Personal- und Fachabteilung müssten in Zukunft mehr Bemühungen unternommen werden, damit das Ansehen eines solchen Expatriats nicht Schaden erleide.
Auch auf die steuerliche Belastung achten
Für Walch ist ein wichtiges Element im Entsendungsmanagement der Rückkehr des Expatriates weit vorgelagert. Gebe ein Expatriate in Österreich seinen Wohnsitz auf oder nicht, habe das unterschiedliche Auswirkung auf seine steuerliche Belastung im Ausland. Auch im Hinblick auf die Sozialversicherungspflicht bestünden Gestaltungsoptionen. "Was will der Mitarbeiter? Diese Frage muss offen besprochen werden", sagt Walch. Würden durch eine optimale Gestaltung der Entsendungsbedingungen Steuern gespart, könnten sich diese Mitarbeiter und Unternehmen teilen. In den Vertragsverhandlungen werde sowieso über "Netto" gesprochen.
(Rainer Spies)