Gehalt: Die Langzeitstrategie
Nach der Gehaltsverhandlung ist vor der Gehaltsverhandlung. Arbeitnehmer dürfen nie locker lassen, wenn sie über viele Jahre eine positive Gehaltsentwicklung erzielen wollen.
Wörter wie hoffentlich, vielleicht, möglicherweise versucht die Münchener Karriereberaterin Claudia Kimich ihren Kunden abzugewöhnen. Wer auf eine Gehaltserhöhung nur hofft oder schon zufrieden ist mit der Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen, geht leer aus.
Selbstbewusstsein führt zum Ziel
Das wäre auch einer Rechtsanwältin passiert, die in ihrer Kanzlei Partnerin werden wollte – "möglichst" zum 1. Januar oder 1. Juli und "idealerweise" mit einer Umsatzbeteiligung "nicht unter" 15 Prozent. "Mit der Spanne wollte sie sich vor der Enttäuschung einer sofortigen Ablehnung schützen", sagt Kimich.
"Sie strahlte damit eine innere Unklarheit aus." Chefs merken das und drücken die Konditionen. Die Anwälte übte im Coaching die richtige Wortwahl. "Mit der Formulierung 'Ich bin am 1. Januar Partnerin und mit 18 Prozent beteiligt' strahlte sie Sicherheit aus und konnte dieses Ziel umsetzen", erzählt Kimich.
Gehalt: Die zwei Säulen der Langzeitstrategie
Was die individuelle Gehaltsentwicklung betrifft, steht eine gute Langzeitstrategie auf zwei Säulen: einem klaren Ziel und dem festen Willen, es am Tag X zu erreichen. Allerdings müsse das Ziel realistisch sein, das heißt, zum Unternehmen und zur Person passen, sagt die Trainerin. Ein Drei-Mann-Startup kann kein sechsstelliges Gehalt zahlen, genauso wenig wie ein Berufsanfänger auf das Salär eines Abteilungsleiters spekulieren sollte.
Jürgen Hesse, vom Büro für Berufsstrategie Hesse/Schrader, empfiehlt, schon früh an später zu denken. "Den allerersten Einstieg nicht zu hoch anpeilen", sagt er, "um Erfahrungen zu sammeln und sich nicht selbst zu sehr unter Druck zu setzen." Im Laufe der Jahre steigt die Flughöhe: "Weitere Wechsel bloß nicht zu niedrig. Schnäppchen macht man wo anders. Sie wollen doch nicht als ein solches gelten."
Der Wechsel des Arbeitgebers ist der sicherste – leider oft der einzige – Weg, um Gehaltssprünge über zehn Prozent zu verwirklichen. Von "Jobhopping" wird jedoch abgeraten, weil dies die Chancen mindert, überhaupt eine andere Stelle zu finden. Die durchschnittliche Verweildauer in einem Unternehmen soll zwei Jahre nicht unterschreiten. In der zweiten Karrierehälfte, ab dem 40. Lebensjahr, sind längere Intervalle erwünscht. Die "neue Herausforderung" bringt nicht immer mehr Führungsverantwortung mit sich. Viele Unternehmen wollen zunächst sehen, wie sich der Mitarbeiter schlägt, bevor sie ihn eine Hierarchieebene höher hieven.
Variabel bringt mehr
Wer lieber im Lande bleibt und sich redlich nährt, muss deshalb nicht alle Gehaltsträume abschreiben. Martin Wehrle, Gehaltsberater in Jork bei Hamburg, nennt drei Aspekte einer erfolgversprechenden Langzeitstrategie: "Alle 18 bis 24 Monate das Thema ansprechen. In einer Leistungsmappe nachweisen, welche Vorteile man der Firma bringt. Und den eigenen Marktwert durch Fortbildungen auf einem hohen Niveau halten."
Der Trend zur variablen Vergütung, die im Laufe des Berufslebens zu einem größeren Anteil leistungsorientierter Gehaltsbestandteile führt, birgt mehr Chancen als Risiken. Sofern das Grundgehalt einen akzeptablen Lebensstil erlaubt, lässt sich durch Boni, Gewinnbeteiligung oder Provision ein größeres Plus erzielen als durch "normale" Gehaltserhöhungen. Vorgesetzte haben hier in der Regel mehr Verhandlungsspielraum, weil aus Sicht des Unternehmens die variable Vergütung ein starker Leistungsanreiz ist.
In diesem Zusammenhang sollten Arbeitnehmer auch die Langfristwirkung unbarer Gehaltsbestandteile, vor allem Zusagen zur Altersvorsorge, nicht unterschätzen. Sie schmälern zwar für den Moment das Einkommen, weil die Beiträge durch Entgeltumwandlung vom Arbeitnehmer meist mitfinanziert, aber sie sorgen für mehr finanzielle Sicherheit im Alter.