In zehn Schritten zu mehr Gehalt
Je besser das Gespräch mit dem Chef vorbereitet ist, desto größer sind die Chancen, mehr Gehalt heraus zu handeln. In zehn Schritten zum Erfolg.
Von Christoph Stehr
"Über 30 Prozent der Bewerber werfen sich selbst aus dem Rennen, indem sie entweder deutlich zu viel oder deutlich zu wenig Gehalt fordern", sagt Heike Friedrichsen von der Hamburger Vergütungsberatung Personalmarkt. Ein typischer Anfängerfehler: Der Kandidat stolpert ins Vorstellungsgespräch, ohne sich über seinen Marktwert im Klaren zu sein.
Typische Fehler
Das Unternehmen interpretiert das Versäumnis bestenfalls als schlechte Vorbereitung, schlimmstenfalls als krankhaften Ehrgeiz beziehungsweise als mangelndes Selbstbewusstsein. Alles gute Gründe, jemand anderen vorzuziehen.
Ins Blaue schießen auch Berufserfahrene, weil sie ihre Verhandlungsposition überschätzen oder zu bequem sind, das Gespräch mit dem Vorgesetzten vorzubereiten. Dabei ist die Logik der Gehaltsverhandlung leicht nachzuvollziehen – und entsprechend leicht finden sich im Vorfeld gute Argumente.
Das beste Argument ist ...
"Zeigen Sie, dass Ihre Gehaltsanpassung für die Firma keine Ausgabe ist, sondern eine sinnvolle Investition", erläutert Martin Wehrle, der in Jork bei Hamburg als Gehaltscoach arbeitet. "Legen Sie dar, wie Sie Ihre Leistung ausgebaut haben und was die Firma davon hat. Allein der Vorteil des Arbeitgebers ist ein gutes Argument."
Das Gehaltsgespräch richtig vorbereiten – Countdown läuft
Noch lange hin… Gewöhnen Sie sich an, ihre berufliche Entwicklung schriftlich festzuhalten. In einer "Leistungsmappe" tragen Sie besondere Leistungen zusammen, etwa erfolgreiche Projekte, Kosteneinsparungen, Weiterbildungen. Optimal ist es, wenn Sie den Nutzen für das Unternehmen in Euro beziffern können.
Noch drei Monate. Ihren Marktwert stellen Sie fest, indem Sie Veröffentlichungen von Vergütungsberatungen wie Kienbaum oder Personalmarkt auswerten. An viele Daten kommen Sie kostenlos. Für eine individuelle Gehaltsanalyse müssen Sie ab 30 Euro investieren. Bewerbungen sind ein weiteres Mittel zu prüfen, wo Sie stehen.
Noch vier Wochen. Bitten Sie Ihren Chef um einen Termin für ein "Entwicklungsgespräch". Das Wort Gehalt zunächst vermeiden. Bestehen Sie auf einem "richtigen" Termin, das heißt, lassen Sie sich nicht mit einem spontanen Geplänkel zwischen Tür und Angel abspeisen.
Noch zwei Wochen. Schreiben Sie Ihr "Drehbuch" für das Gespräch: Begrüßung, Small Talk, Rückschau, besondere Leistungen, Entwicklungschancen, Gehaltswunsch, Verabschiedung. Immer den Nutzen für das Unternehmen im Auge behalten. Formulieren Sie mögliche Gegenargumente Ihres Vorgesetzten, dazu Ihre Konter.
Noch eine Woche. Bestätigen Sie nochmal den Termin. Mailen Sie Ihrem Chef "zwecks Vorbereitung auf unser Gespräch" die Highlights aus Ihrer Leistungsmappe und fragen Sie, ob er weitere Unterlagen wünscht. So bringen Sie ihn dazu, auf jeden Fall zu antworten – und den Termin nicht zu vergessen.
Noch zwei Tage. Bitten Sie Freund oder Freundin, bei einer Generalprobe den "Advocatus Diaboli" zu spielen. Er/sie schlüpft in die Rolle Ihres Vorgesetzten und versucht, ihnen die Gehaltserhöhung auszureden. Strengen Sie sich an, eine halbe Stunde lang im Drehbuch zu bleiben – natürlich "per Sie".
Tag X, morgens. Dass das Gespräch für Sie wichtig ist, zeigen Sie durch Ihr Outfit. Es sollte eine Stufe "formeller" als an anderen Tagen sein. Beispielsweise Anzug ohne Krawatte, wenn Sie sonst Jeans und Pulli tragen. Ist der Termin spätnachmittags, an Utensilien zum "Frischmachen" denken.
Tag X, Zero. Nehmen Sie etwas zum Schreiben mit und machen Sie Notizen. Das signalisiert Ihrem Chef, dass das Gespräch zu Ergebnissen führt, die ihn binden. Lassen Sie sich auf die Rituale geschäftlicher Besprechungen ein: Händeschütteln, Getränke etc.
Am nächsten Tag. Bedanken Sie sich per Mail für das "konstruktive Gespräch". War es aus Ihrer Sicht eher enttäuschend, können Sie jetzt schon einen Nagel für die Zukunft einschlagen: "Gerne werde ich in einem halben Jahr auf Ihr freundliches Angebot zurückkommen, das Thema Entwicklungschancen erneut anzusprechen."
Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung. Ruhen Sie sich nicht auf einer Gehaltserhöhung aus. Leistungsträger erkennt man daran, dass Sie im Ein- bis Zweijahresrhythmus mehr Geld verlangen. Deshalb: Countdown läuft…