Japan: Ohne Respekt wenig Erfolg

Die Unterschiede zwischen der übrigen Welt und Japan sind kleiner als angenommen. Dennoch sollte man sich vor der Geschäfts- oder Studienreise mit den Besonderheiten vertraut machen.

Einfach den Telefonhörer in die Hand nehmen und den künftigen Geschäftspartner anrufen - so leicht funktioniert die Geschäftsanbahnung in Japan nicht. Wer auf der asiatischen Insel eine Geschäftsbeziehung aufbauen möchte, muss zwei Dinge mitbringen: Vitamin B und Zeit. Anstatt einen Japaner direkt zu kontaktieren, sollte man einen Vermittler einsetzen. Ein so genannter Shokai-sha spricht als Dritter mündlich oder schriftlich eine Empfehlung aus und kann, wenn er über ein hohes Ansehen verfügt, das Geschäft schnell zum Laufen bringen.

Sich nach dem Vorstellen verbeugen

Wenn man sich mit einem Japaner bekannt macht, passiert dies meist in drei Schritten: Erst stellt man sich mit dem Namen und dem Namen der Firma vor (Beispiel: "I am Mister Smith of the company XY"). Danach fragt man, ob man die Visitenkarte überreichen darf. Daraufhin werden die Visitenkarten ausgetauscht. Anschließend verbeugt man sich.

Bei der Bekanntmachung gibt es japanische Höflichkeitsformen zu beachten. Im Japanischen wird "san" an den Nachnamen angehängt - während im Deutschen die Anreden "Herr" oder "Frau" dem Namen vorstehen. Richtig heißt es dann beispielsweise: Yoshimitsu-san. Achtung: Man verwendet diese Höflichkeitsform nur nach außen und nie für sich oder Kollegen.

Visitenkarten: Übergaberitual beachten

Hierarchie und Status spielen in Japan eine fundamentale Rolle. Visitenkarten, auch "meishi" genannt, besitzen einen hohen Stellenwert. So wie sich in Österreich der Rangniedere als Erstes dem Ranghöheren vorstellt, so startet in Japan der Rangniedere mit dem Austausch der Visitenkarte. Wenn man seine eigene Visitenkarte übergibt, hält man sie beidhändig mit Daumen und Zeigefinger. Man muss die Karte dabei so drehen, dass sie der Empfänger sofort lesen kann. Bei einer zweisprachig bedruckten Karte befinden sich also die japanischen Schriftzeichen oben. Achtung: Die Visitenkarte sofort wegzustecken und sie nicht zu beachten, würde bedeuten, dass man sich nicht für sein Gegenüber interessiert.

Verbeugung: Der Grad ist entscheidend

Ursprünglich begrüßt man sich in Japan mit einer Verbeugung. Da immer mehr Japaner auch den Handschlag nutzen, sollte man kurz warten, für welche Form sich der Japaner entscheidet - und auf die gleiche Art zurückgrüßen. Möglich ist ebenso eine Kombination aus Handschlag und Verbeugung. Wichtig ist jedoch, auf alle Fälle zurückzugrüßen. Alles andere wäre sehr unhöflich. Umarmungen sind in Japan absolut unangebracht.

Regeln für die Verbeugung:

  • Der Rangniedere verbeugt sich länger.
  • Der Rangniedere verbeugt sich tiefer.
  • Der Rücken bleibt gerade - die Taille ist der Drehpunkt.

Kommunikation: Pausen als Zeichen von Überlegtheit

Wer mit einem Japaner telefoniert, merkt besonders schnell, dass an der Kommunikation etwas anders ist: Man denkt, die Leitung wurde unterbrochen oder der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung hört gar nicht zu. Ausgelöst wird dieses Gefühl durch die langen Pausen, die Japaner im Wortwechsel machen. Während sich Spanier munter ins Wort fallen und Österreicher im Gespräch direkt ans Gesagte anschließen, vergehen in Japan bis zu drei Sekunden zwischen den Redeabschnitten verschiedener Personen. "Es gilt als sehr ungehobelt, sein Gegenüber zu unterbrechen", sagt Japanerin Naoko Mochimaru, die an der Ferris University "Global and intercultural Studies" studiert.

Unterschiede zwischen Meinung und Gesagtem

Experten schätzen, dass es in Japan 600 Arten gibt, nein zu sagen. Ein eindeutiges "Nein" wird man im Land des Lächelns selten hören. Das macht es für ausländische Geschäftspartner doppelt schwierig. Einerseits kann man harmoniesuchenden japanischen Kollegen mit einem schroffen "Nein" leicht vor den Kopf stoßen, andererseits wird man vielleicht ein indirektes "Nein" in der Kommunikation nicht erkennen. In einem ersten Schritt sollte man sich aus diesem Grund Redewendungen bereitlegen, mit denen man ein hartes "Nein" umgehen kann. "Es könnte schwierig werden" oder "Ich werde es versuchen" bieten sich dafür an.

"Was ein Japaner sagt und was er wirklich denkt, ist meistens nicht das Gleiche", sagt Naoko Mochimaru. Das für Außenstehende geradezu zwanghaft wirkende liegt in der Tradition verankert und drückt sich in der gesamten Sprache durch "honne" und "tatemae" aus. Einfach gesagt bezeichnet "honne" das, was man wirklich denkt. "Tatemae" hingegen ist das, was man sagt oder vorgibt zu denken. "Honne" und "tatemae" sind daher auch bekannt als "innere Wahrheit" und "äußere Form". Man sollte als Ausländer nicht alles Gesagte für bare Münze nehmen. Vielmehr muss man durch Zeit und Intensivierung der Geschäftsbeziehung versuchen, das tatsächliche Denken des Japaners zu ergründen.

Pünktlichkeit hat Priorität

Japaner haben großen Respekt vor der Zeit. "Die Unpünktlichen werden erniedrigt und bestraft", titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Frühjahr 2005. Damals entgleiste zwischen Tokio und Osaka ein Schnellzug. Mehr als 100 Menschen starben und über 400 wurden verletzt - weil der Zugfahrer eine Verspätung von 90 Sekunden herausholen wollte. Pünktlichkeit besitzt in Japan absolute Priorität. In einigen Unternehmen drohen bei Unpünktlichkeit drakonische Strafen. Man sollte daher im Geschäftsleben keine Sekunde zu spät kommen, will man die Verhandlungen nicht gefährden.

Dresscode: Schlicht und seriös

In Büros und Konferenzräumen kleidet man sich schlicht und seriös. Erreicht wird dies bei Männern mit einem Anzug in Schwarz, Grau oder Anthrazit - sowie mit einer Krawatte. Frauen tragen einen langen Rock, Kostüme oder Hosen. Auf zu knapp geschnittene Mode sollten sie nicht zuletzt deshalb verzichten, weil man in japanischen Restaurants auch einmal auf dem Boden Platz nimmt. Die Garderobe der Frau sollte dunkel sein.

(Kai Oppel, 2007)

Weiterführende Informationen:

Buchtipp:

Kai Oppel: "Business Knigge international", Haufe Verlag 2006, 192 Seiten, broschiert, 19,80 Euro. In dem Werk beleuchtet der Autor Verhaltensregeln für elf Länder und geht auf typische Missverständnisse ein.