Jobinterview: Knifflige Fragen meistern
Wer dank eines aussagekräftigen Bewerbungsschreibens aus einer Vielzahl von Bewerbern zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, hat Grund zur Freude. Allerdings kämpfen viele Kandidaten mit Nervosität und Lampenfieber. Mit einer guten Vorbereitung kann aber nichts schief gehen.
"Ein Bewerbungsgespräch ist eine Ausnahmesituation, aber kein Grund Angst zu haben. Unternehmen laden nur Kandidaten, die mit ihrer Bewerbung positiv aufgefallen sind, ein und haben ein Interesse daran, diese Bewerber auch einzustellen", sagt Jobcoach Elfriede Gerdenits.
Gegen zu viel Nervosität können einfache Entspannungstechniken, wie beispielsweise bewusst alle Muskeln an- und wieder entspannen oder in Gedanken von 100 bis 0 rückwärts zu zählen, um sich abzulenken, hilfreich sein. Selbiges sollte natürlich nicht während des Gesprächs passieren, aber kurz vorher können diese Techniken durchaus helfen, ein wenig lockerer aufzutreten - und ist erstmal die Angst vorm Einstieg ins Gespräch genommen, ist eine gute Basis für den weiteren Verlauf des Jobinterviews gelegt. Wer die Gefahr eines Vorstellungsgesprächs realistisch betrachtet, hat aber sowieso keinen Grund zur Nervosität: "Das Schlimmste, was passieren kann ist, nach dem Bewerbungsgespräch die gleiche Situation wie davor zu haben, nämlich keinen Job", so Gerdenits.
Gut vorbereitet und authentisch
Das heißt natürlich nicht, dass die Situation nicht ernst genommen werden sollte. Eine gute Vorbereitung ist wichtig. Wer über das Unternehmen, für das er arbeiten will, zum Beispiel im Internet Basisinformationen einholt, zeigt damit Interesse. Außerdem sollte man sich Gedanken über passende Antworten auf allgemeine Standardfragen machen: Was sind Ihre Wünsche und Pläne für die berufliche Zukunft? Was hat Sie am Inserat besonders angesprochen? Warum glauben Sie, dass gerade Sie den Anforderungen der Position entsprechen? Wo sehen Sie noch Lerndefizite? Wie würden Sie Ihre Persönlichkeit charakterisieren? Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Wer sich positiv formulierte Antworten auf Fragen wie diese überlegt, hat auf jeden Fall einen Vorteil. Denn er muss nicht lange überlegen, sondern kann sofort reagieren - das wirkt souveräner. Wichtig ist daher auf jeden Fall, sich nochmals die Bewerbungsunterlagen, die an das Unternehmen geschickt wurden, durchzuschauen. Denn nichts ist unangenehmer, als nicht mehr genau zu wissen, was man selbst geschrieben hat. Auch das Stellenprofil, auf das man sich beworben hat, sollte man im Kopf haben.
Persönliche Eignung ist wichtiger als Fachwissen
Fehler werden häufig bei der Vorbereitung auf heikle Fragen gemacht - etwa wenn nach den Lerndefiziten oder Schwächen gefragt wird. "Zu lernen, weniger Schokolade zu essen, ist damit sicher nicht mit gemeint", benennt Andrea Bertl, Senior Consultant bei Iventa, eine unpassende Antwort, die auf solche Fragen immer wieder gegeben wird. Bewerber, die diese Frage hingegen nutzen, um kurz auf ihr Fachwissen hinzuweisen und gleichzeitig Bereitschaft signalisieren, das ein oder andere Wissensdefizit auszugleichen, haben auf jeden Fall einen Vorteil. Das zeigt, dass sie ihr Know-how realistisch einschätzen und den Willen haben, sich weiterzuentwickeln.
Für eine erfolgreiche Besetzung einer offenen Stelle ist sowohl die fachliche als auch die persönliche Eignung eines Kandidaten wichtig, allerdings: "Fachliche Defizite können geschult werden. Wenn aber die Persönlichkeit nicht ins Team passt, die Chemie also nicht stimmt, dann ist ein Scheitern eher der Fall", weiß Bertl.
Schummeln nicht erwünscht
Die Erfahrung eines Personalisten bringt es mit sich, herauszufinden, ob Fragen ehrlich beantwortet werden oder ob geschummelt wird. Bertl: "Wenn sich der Berater noch kein klares Bild vom Bewerber gemacht hat, stellt er vertiefende Fragen. So lässt er sich zum Beispiel zu den in der Stellenanzeige und den Bewerbungsunterlagen angeführten Eigenschaften konkrete Beispiele schildern oder gibt im Gespräch Aufgabenstellungen zur Lösung. Da kommt dann recht bald ans Tageslicht, wenn ein Bewerber nicht ehrlich und authentisch antwortet."
Wer beispielsweise angibt, stressresistent und belastbar zu sein, aber schon bei der kleinsten unvorhergesehenen Frage im Vorstellungsgespräch nervös auf dem Stuhl hin und her rutscht, wirkt schnell unglaubwürdig. "In der Vorbereitung auf mögliche Fragen ist es also wichtig, immer authentisch zu bleiben", rät Andrea Bertl. "Ein Berater hat sich meist schon ein Bild vom Bewerber gemacht und will dieses im Jobinterview abrunden. Wenn der Bewerber ein Idealbild zeichnet, dem er dann nicht entspricht, merkt das ein guter Berater oder Personalleiter auf jeden Fall."
Bewerbungsgespräch ist immer Verkaufssituation
Der Bewerber sollte also bei den Tatsachen bleiben, diese aber so positiv wie möglich darstellen. "Ein Bewerbungsgespräch ist immer eine Verkaufssituation", sagt Jobcoach Gerdenits. Deshalb ist Glaubwürdigkeit enorm wichtig. Mit guter Selbstpräsentation muss es der Bewerber in relativ kurzer Zeit schaffen, sein Gegenüber davon zu überzeugen, dass er die Idealbesetzung für die ausgeschriebene Position ist.
Zögerlichkeit, Unsicherheit, übertriebene Nervosität, aber auch maßlose Selbstüberschätzung und Arroganz sind auf alle Fälle fehl am Platz. Sympathisches Auftreten beim Bewerbungsgespräch ist enorm wichtig. Schließlich gilt: "Es gibt keine zweite Chance für einen guten ersten Eindruck." Den macht der Bewerber am besten mit passender, sauberer Kleidung, einem gepflegten Äußeren, Augenkontakt und einem festen Händedruck.
(Martha Karner)