Jobwechsel - Sind Sie bereit zum Absprung?

Karrierestrategien (1)

Wie man zur rechten Zeit einen neuen und passenden Job findet, um der Karriere einen Schub zu geben.

Von Christoph Stehr

Junger Hüpfer – besonders respektvoll ist der Begriff nicht. Tatsächlich genießen "Jobhopper" nicht das höchste Ansehen in der Arbeitswelt. Doch am Stuhl festkrallen geht auch nicht. Wie Sie durch geschickte Stellenwechsel weiterkommen.

Ob junger Hüpfer oder 50plus: Alle zwei bis sechs Jahre eine neue Stelle

Jan Lachner, 24, war schon alles. Fischer auf Malta, Immobilienmakler in Luxemburg, Bierbrauer in Tschechien, Förster in Finnland. Seit November 2011 wechselt der Deutsch-Franzose die Jobs wie andere Menschen den Anzug fürs Büro: jede Woche. Sein "Euro-Jobs Project" führt den Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik während 33 Wochen durch 33 Berufe in 33 europäischen Ländern.

Ein Crash-Kurs in Business-Kultur und Völkerverständigung. Obwohl Lachner keine einschlägigen Erfahrungen mitbringt, "werde ich eine zusätzliche, hart arbeitende und begeisterte Hilfskraft sein", verspricht er. Sein Übungsfeld in Österreich ist das Marketing eines Personaldienstleisters in Wien.

Neuer Arbeitgeber, neues Glück

Nach einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (iw), Köln, passt Lachner ins Bild des modernen Job-Hüpfers: Er ist jung und hoch qualifiziert. Rein rechnerisch treten die 15- bis 24-Jährigen alle zwei Jahre eine neue Stelle an. Die Generation 50plus lässt sich deutlich mehr Zeit, etwa sechs Jahre. Die Wechselwahrscheinlichkeit ist bei Universitätsabsolventen fast ein Drittel höher als bei Arbeitnehmern, die eine Berufsausbildung gemacht haben. Männer werden ihrem Arbeitgeber häufiger untreu als Frauen.

Bessere Aufstiegs- und Verdienstchancen seien die stärksten Anreize für einen Stellenwechsel, so die Outplacement-Beratung von Rundstedt HR Partners, die 500 Führungskräfte befragt hat. 57,5 Prozent gaben an, den Absprung zu planen oder zumindest darüber nachzudenken. Vor allem Führungskräfte in großen Unternehmen zeigten sich wechselwillig. Nicht alle strebten nach Höherem – einigen saß ein böser Chef im Nacken, ihr Unternehmen baute Personal ab oder sie hatten schlicht Langeweile. Sie suchten neues Glück bei einem neuen Arbeitgeber.

Gesundes Maß zwischen Verändern und Verharren finden

Doch allzu eifrige Postenspringer haben nicht den besten Ruf. Sie gelten als unstet, illoyal, nur auf den eigenen Vorteil bedacht. "Leute mit langen Listen von Positionen sind in aller Regel keine Manager und schon gar keine Leader, sondern Karrieristen", schrieb Management-Guru Fredmund Malik schon vor zehn Jahren.

"In ihren Lebensläufen findet man vieles; in ihrem Leben allerdings nur eines: einen untrüglichen Instinkt dafür, wann sie gehen müssen. Und sie gehen immer genau ein halbes Jahr, bevor der Mist zu riechen beginnt, den sie hinterlassen werden."

Intervalle werden länger

Die Kunst ist, ein gesundes Maß zwischen Verändern und Verharren zu finden. Wer sich überhaupt nicht vom Fleck bewegt, gilt als satt, lustlos und wird bei Beförderungen gern übersehen. Auf lange Sicht kann der Verlust des Arbeitsplatzes drohen. Ein vernünftiger "Takt" für den Stellenwechsel ist zu Beginn der Laufbahn alle zwei bis drei Jahre, später alle vier bis sechs Jahre. Ab 55 empfiehlt es sich, den letzten, sicheren Hafen anzusteuern, sofern der Arbeitsmarkt die Chance dazu bietet.

Diese Erfahrungswerte helfen bei der Orientierung – den richtigen Zeitpunkt für eine Veränderung muss aber jeder selbst bestimmen. Dr. Leopold Faltin, Karriere-Coach in Wien, sieht ihn gekommen, "wenn es keine Perspektiven mehr gibt. Nicht unbedingt bezüglich Karriere und Bezahlung, sondern bezüglich Aufgaben, Herausforderungen, möglichen Beiträgen, die anderen Nutzen bringen und einem selbst das Gefühl, etwas leisten zu können. Und wenn es einfach keinen Spaß mehr macht."

Der Aufbruch zu neuen Ufern erfordert Zeit

Schließlich sucht der Mitarbeiter nicht die nächstbeste, sondern die objektiv beste Fortsetzung seiner Berufslaufbahn. Aufgabe, hierarchische Einordnung, Gehalt, Perspektive, Renommee des Unternehmens müssen stimmen – vor allem zu Beginn der Laufbahn.

Wer beispielsweise nach Bankausbildung, Traineeprogramm in einer Bank und zwei Jahren als Wertpapierberater zu einem Maschinenbauunternehmen geht, schlägt die Tür ins Kreditgewerbe erst einmal hinter sich zu. Genauso riskant ist ein hierarchischer Rückschritt, etwa vom Abteilungsleiter zum Referenten. Mit zunehmender Berufserfahrung sind solche "Brüche" eher akzeptiert.

Networking mit Langzeitwirkung

"Je höher man in der Unternehmenshierarchie steht oder je spezialisierter man ist, umso länger ist die Vorlaufzeit", beobachtet der Wiener Trainer und Berater Mag. Franz Bauer. Bewerber benötigen in der Regel ein halbes bis ein ganzes Jahr, bevor sie die neue Stelle antreten. Wie bei jeder Jobsuche ist Diskretion ratsam.

Eindeutige Stellengesuche auf Xing oder Facebook verbieten sich, weil Personalabteilungen oft routinemäßig die Profile ihrer Mitarbeiter "scannen". Kluge Networker nutzen Social Media, verlassen sich aber nicht allein darauf. Vor allem bauen sie sich ihre Kontakte langfristig auf. "Networking lebt nicht von Einseitigkeit oder vom Visitenkartensammeln", sagt Bauer. "Ein Netzwerk zu pflegen, bedeutet, daran zu arbeiten und nicht darauf zu warten, dass man jemanden aus seiner Adressdatei anrufen kann, wenn man selber etwas braucht."

Was bei der Kündigung zu bedenken ist

Familie, Freunde, Bekannte aus Vereinen sind gute Multiplikatoren. Kontakte zu Kunden und Lieferanten des Noch-Arbeitgebers können ebenfalls als Sprungbrett dienen, sofern sie diskret bleiben. Außerdem sind juristische Beschränkungen zu beachten, etwa durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das zuweilen in Arbeitsverträge aufgenommen wird.

Hat sich trotz aller Vorsicht im Unternehmen herumgesprochen, dass man an Kündigung denkt, darf dies nicht zu einer Schockstarre führen. Im Gegenteil: "Enttarnte" Wechsler sollten ihre Bewerbungsanstrengungen eher verstärken. Die Bitte um ein Zwischenzeugnis gehört dazu – es erhöht die Chancen am Arbeitsmarkt wesentlich. Zuweilen öffnet ein solcher Vorstoß dem Vorgesetzten die Augen: Er merkt, dass er womöglich einen guten Mitarbeiter verliert, und versucht ihn zu halten. Auf diesem Weg ist manche Beförderung zustande gekommen – auch ohne Luftveränderung.