Mediziner-Salär: Reich werden nur wenige
Nicht jeder Mediziner fährt Porsche - bei manchem reicht es gar nur zu einem Fahrrad. Am Hungertuch nagen die Mediziner sicher nicht - aber Reichtümer sind als "Halbgott in Weiß" auch nur noch in Ausnahmefällen zu machen.
Viele Spitalärzte betreiben etwa neben ihrer Krankenhaustätigkeit eine eigene Privatpraxis als zweites Standbein, wie Maria Smid, Senior Consultant bei der Unternehmensberatung Kienbaum in Wien, sagt. "Generell sind die Verdienstmöglichkeiten in einer eigenen Praxis besser, allerdings ist auch das Risiko höher, da man sich ja im freien Wettbewerb befindet." Auch das Fachgebiet spiele eine wichtige Rolle: "Ein Augenarzt verdient aller Wahrscheinlichkeit nach besser, wenn er selbstständig ist, wohingegen ein Anästhesist im Krankenhaus besser verdient."
Allgemeinmediziner verdienen am schlechtesten
Generell - das belegen Statistiken in schöner Regelmäßigkeit - ist das Einkommen von Allgemeinmedizinern am niedrigsten. "Ärzte mit Kassenverträgen verdienen durchschnittlich besser; haben sie sich jedoch sehr gut im Wettbewerb positioniert, wirken sich Kassenverträge eher einschränkend aus", so Smid. Den Verdienst angestellter und selbstständiger Ärzte kann man nach ihren Worten allerdings nur schwer vergleichen. "Der Arbeitsaufwand selbst im gleichen Fachgebiet kann deutlich variieren - zudem unterliegt ein selbstständiger Arzt einer Wettbewerbssituation, die im Krankenhaus nicht gegeben ist."
Hinzu komme, dass der niedergelassene Mediziner Praxismiete, -einrichtung, Personalkosten, Kassenverträge und ähnliches verrechnen muss. Umsatz und Gewinn sind dabei also zwei Paar sehr verschiedene Schuhe. Dennoch, so zeigen die Statistiken des Rechnungshofes, sind die technischen Fächer bei den niedergelassenen Ärzten die, die das meiste Geld bringen - allerdings sind sie deutlich aufwändiger, weil mehr Personal und mehr Geräte bezahlt werden müssen.
Praktiker haben das Nachsehen
Die Kassen jedenfalls zahlen am meisten für Labors, physikalische Therapie und Röntgen. So hatte ein Labor-Vertragsarzt im Jahr 2006 einen Umsatz von 1.369.170 Euro, ein Augenarzt hingegen nahm 288.549 Euro ein, der Praktiker 230.834 Euro.
Die nackten Zahlen aus dem Einkommensbericht des Rechnungshofes allerdings belegen, dass Mediziner in der österreichischen Bevölkerung noch immer zu den Top-Verdienern gehören. Demnach wurde das steuerpflichtige Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit geschätzt - und die Fachärzte führen die Liste der Mediziner mit 113.184 Euro Bruttogehalt an. Allgemeinmediziner nehmen jährlich 78.763 Euro ein, Zahnärzte durchschnittlich 96.141 Euro.
Gefälle zwischen Ost und West
Zwar gibt die Statistik einen allgemeinen Überblick über die Einkommenssituation - doch der Durchschnitt spiegelt nicht immer die Wirklichkeit in den unterschiedlichen Regionen zwischen Salzburg und Kärnten wider. "Es gibt beim Einkommen ein klares Ost-West-Gefälle", sagt Kienbaum-Beraterin Smid. Weiterer Einflussfaktor sei der Standort - Stadt oder Land - und eben der Fachbereich. "Ballungszentren liegen typisch eher höher, allerdings verdienen Allgemeinmediziner zum Beispiel auf dem Land besser, da der Konkurrenzdruck nicht so hoch ist wie in Städten."
Weiters unterscheiden sich die Gesundheitssysteme je nach Bundesland sehr stark, "so gibt es etwa in einigen Bundesländern Einkommensdeckelungen für bestimmte Fachbereiche." Auch die Kassenverträge seien unterschiedlich, berichtet sie. Das zeigt sich auch in den Kollektivverträgen, die Medizinern in ihren ersten Berufsjahren weniger als 2500 Euro im Monat zugestehen. Allerdings gelten diese Verträge mit unterschiedlichen Abschlägen in den einzelnen Ländern.
Landflucht hält sich in Grenzen
Die große Landflucht wie in Deutschland allerdings ist in Österreich erst am Anfang. Während beim nördlichen Nachbarn ein deutliches Manko an Landärzten besteht und einige Landstriche, vor allem in den östlichen Bundesländern, kaum mehr genügend Hausärzte haben, ist dieses Problem in Österreich noch nicht so gravierend, so Smid - die Tendenz dahin allerdings sei steigend. "Studenten besuchen die Universität in einer Stadt und möchten oft nicht mehr aufs Land zurück. Die Arbeitszeiten können härter sein oder die Zuständigkeiten unstrukturierter oder allumfassender."
Gerade junge Mediziner allerdings blicken über den Tellerrand - sowohl geografisch als auch inhaltlich. So wirbt etwa Deutschland in Österreich sehr intensiv. "Das wird für angehende Ärzte immer interessanter, da es keine Wartezeiten auf Turnusplätze und Facharztausbildungen gibt und keine Sprachbarriere vorhanden ist." Zudem liegen nach ihren Erfahrungen die Einstiegsgehälter höher. "Ob diese Jungmediziner in Deutschland bleiben, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen."
Abwanderung in verwandte Branchen
Etablierte Ärzte werden ihren Tätigkeiten, Spitälern und Ordinationen treu blieben - doch für Jungmediziner sind auch verwandte Branchen wie etwa die Medizintechnik oder die Pharmabranche interessante Arbeitgeber. "In der Pharmaindustrie oder der Medizintechnik kann bei geregelteren Arbeitszeiten und weniger Risikoverantwortung gleich viel und mehr verdient werden." Allerdings seien im Pharmabereich am ehesten Außendienstmitarbeiter gefragt, da "die Forschung und Entwicklung meist in den Headquartern in den USA, Japan oder der Schweiz zu finden ist".
(Verena Wolff)