Meine erste Gehaltserhöhung verhandeln

Die erste Gehaltserhöhung kommt - oft nicht von alleine. Wer sich gut vorbereitet und gut argumentiert, der hat auch Aussicht auf Erfolg. Tipps von Karriereexperten für Berufseinsteiger.

Dennis K. ist mit gut 20 Jahren noch recht jung, hat in seiner Karriere aber schon einige beachtliche Kurven hingelegt: "Ursprünglich machte ich eine Ausbildung zum Floristen, später arbeitete ich in der IT Abteilung eines Hotels, nebenbei machte ich eine Ausbildung zum Webdesigner", erzählt der Oberösterreicher. Nach dem Abschluss einer letzten Ausbildung fand er rasch Arbeit bei einer Werbeagentur im heimatlichen Salzkammergut. Die Arbeitsbedingungen gefielen Dennis K., die Kollegen waren nett.

Wann darf man nach mehr Gehalt fragen?

Nur eines störte ihn recht bald: "Als Quereinsteiger in der Branche mit keiner einschlägigen Berufserfahrung hatte ich überhaupt kein Gespür für branchenübliche Gehälter. Ich hatte mich bei den Gehaltsverhandlungen an Kollektivverträgen orientiert und erkannte dann gleich in den ersten Monaten, dass ich deutlich weniger verdiente, als die meisten meiner Kollegen."

Nach drei Monaten wandte sich der neue Webdesigner an den Geschäftsführer der Agentur und verlangte mehr Gehalt – womit er abblitzte. "Mein Chef sagte mir klipp und klar, dass es für eine Gehaltserhöhung zu früh sei und dass ich doch ohnehin beim Einstieg mein Wunschgehalt bekommen hätte. Mir war das alles recht peinlich. Ich glaube auch, dass die Angelegenheit das Verhältnis zwischen uns nachhaltig beschädigt hat."

Die erste Gehaltserhöhnung schon vorher vereinbaren

Dennis K. ging wohl tatsächlich zu früh in die Offensive. Was aber noch schlimmer ist: Seine Vorbereitung war für eine ernstzunehmende Nachverhandlung seines Gehalts unzureichend. Ein Fehler, den leider viele Berufseinsteiger machen. Dabei würden schon einige wenige Grundregeln die Forderung nach mehr Geld nachvollziehbar machen und die Chancen erhöhen. Zuerst zur Frage des Zeitpunktes.

"Die erste Gehaltsnachverhandlung sollte frühestens sechs Monate nach Eintritt erfolgen", erklärt Karrierecoach Mag. Elfriede Gerdenits. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Oft wird bei der Anstellung die Möglichkeit auf Verbesserungen in Aussicht gestellt, zum Beispiel nach dem Abschluss der Probezeit. In diesem Fall ist es natürlich legitim, nach mehr Geld zu fragen.

Was bleibt von der Bruttoerhöhung übrig?

Noch wichtiger als der Zeitpunkt sind aber auch hier die Gründe und Rahmenbedingungen für die Arbeit: "Am besten setzen sie sich mal hin und schreiben detailliert auf, welche besonderen Leistungen sie erbracht haben. Was war der besondere Nutzen meiner Mitarbeit, der Mehrwert meines Engagements aus Sicht des Arbeitgebers? Argumentiert werden kann in Richtung Umsatz und Ertragserhöhung oder in Richtung Einsparungen", erklärt Elfriede Gerdenits ganz konkret.

Und um wie viel mehr Geld kann man verhandeln? Hier weißt Dr. Wolfgang Amanshauser guten Rat: Der Karrierecoach aus Salzburg verweist auf den Brutto-Netto-Rechner des Finanzministeriums. "Damit können auch Berufstätige mit wenig Erfahrung schon im Vorfeld der Verhandlungen genau berechnen, wie viel von einer Bruttoerhöhung auch am eigenen Konto landet." Größere Schritte als 10 Prozent sind aber auf jeden Fall unrealistisch.

Die richtigen Argumente vorbereiten

Mindestens so bedeutend wie Zeitpunkt und Argumentationslinie ist aber auch der Ton, in dem die Verhandlungen geführt werden. Gerade Berufseinsteiger sind oft unsicher und zu zurückhaltend, oder aber zu forsch und fordernd. "Der gröbste Fehler liegt darin, nicht über 'Ich bringe' sondern über 'Ich brauche' zu argumentieren. Beispiel: Ich habe mir eine Wohnung gekauft, oder ich bekomme Nachwuchs, deshalb brauche ich mehr Gehalt. Dafür interessiert sich kein kostenverantwortlicher Personalist", sagt Elfriede Gerdenits.

Wenn bekannt ist, dass ein Unternehmen etwas Schieflage hat oder eine Übernahme bevorsteht, dann wirkt eine Forderung nach Gehalt automatisch fast immer vermessen. Und: "Wer nicht bereit ist, sich über seine Leistungen, seinen Mehrwert für den Arbeitgeber zu verkaufen, oder wer mit Kündigung droht, der hat ohnedies verloren." Am besten formuliert man die wichtigsten Punkte bei der Gehaltsverhandlung in Form von Fragen, das signalisiert Interesse, Offenheit und Flexibilität bei den Verhandlungen. Zum Beispiel mit einem "Was muss ich tun, damit aus Ihrer Sicht eine Gehaltserhöhung gerechtfertigt wäre?"

Bonuszahlungen statt Gehaltserhöhung

Wenn auch hier keine klaren Antworten kommen, besteht die Möglichkeit von Bonuszahlungen, die Personalisten eher bewilligen, da es sich hier um Einmalzahlungen handelt. Sie können auch aus anderen Leistungen bestehen: "Eine Umstellung auf leistungsgerechtere Entlohnung kann ebenso ins Gespräch gebracht werden wie Diensthandys, Dienstautos, Notebooks, Fahrtkosten- oder Kantinenzuschüsse, die Übernahme von Weiterbildungskosten oder Zuzahlungen für Pensionsvorsorgen", meint Elfriede Gerdenits.

Einen abschließenden Tipp gibt sie für den Fall des Scheiterns: "Sollte es zu keiner Einigung kommen, unbedingt einen Termin für eine nächste Gehaltsverhandlungsrunde vereinbaren."