Nachfassen mit Biss

Die Bewerbung ist draußen – und nichts passiert. Wer endlich wissen will, was Sache ist, darf sich ruhig in Erinnerung bringen.

"Passt wie angegossen", dachte Wirtschaftsingenieurin Yvonne K., als sie die Stellenanzeige las: Großer Industrieausrüster sucht Junior Produktmanager, möglichst mit betriebswirtschaftlicher und technischer Qualifikation, erste Berufserfahrung von Vorteil. Drei Tage, nachdem die Absolventin ihre Bewerbung abgeschickt hatte, kam die Eingangsbestätigung. "Prompte Bedienung!", freute sie sich.

Nur nicht ergeben abwarten

Dann wartete sie – hoffnungsfroh, geduldig, ergeben, resigniert. Vier Monate später entdeckte sie zufällig die identische Stellenanzeige im Altpapier. Yvonne K. rief in der Personalabteilung an: Ja, ihre Bewerbung liege noch vor, aber die Stelle sei schon besetzt, nachdem man sie ein zweites Mal ausschreiben musste. Der Rücklauf auf das erste Inserat habe nicht ganz überzeugt. Tags darauf fand Yvonne K. ihre Mappe "mit Dank zurück" im Briefkasten.

Angesichts der Krise korrigieren viele Unternehmen ihre Personalplanung, was darauf hinausläuft, dass sie weniger Absolventen einstellen als ursprünglich vorgesehen. Es wird stärker gesiebt. Beim Lackhersteller BASF Coatings, Münster, geht beispielsweise jede Stellenneubesetzung oder Vertragsverlängerung seit kurzem über den Schreibtisch der Geschäftsführung. Vorteil für Bewerber: Ein Einstellungsstopp konnte bislang vermieden werden, wie Personalmanager Ralf Pander sagt. Nachteil: Auswahlverfahren werden zuweilen komplizierter und langwieriger.

Bewerbung "auf Wiedervorlage"

Deshalb sind Absolventen gut beraten, jede Bewerbung "auf Wiedervorlage" zu setzen und genau Buch zu führen: wann verschickt, welcher Ansprechpartner, welche Reaktion? Nur so behalten sie den Überblick – und bleiben am Ball. Heiko Lüdemann, Karriereberater und Geschäftsführer der CoachAcademy in Stuttgart, warnt davor, die Hände in den Schoß zu legen "Durch das Nachhaken verdeutlicht man das eigene Interesse", sagt er. "Nachhaken kann und sollte man daher unbedingt, allerdings frühestens nach 14 Tagen."

Hat das Unternehmen eine Bewerbungsfrist genannt, läuft der Countdown erst danach an. Die gleiche "aufschiebende Wirkung" hat der Versand von Empfangsbestätigungen, die meist innerhalb der ersten Woche eintrudeln. "Am besten erfolgt die Nachfrage per Telefon", sagt Lüdemann. "Bei der Nachfrage per Mail findet nämlich kein Dialog statt; noch dazu bringt man sich in eine passive, abwartende Position, in der man nun auf baldige Antwort hoffen muss."

Zweiter Kontakt, zweite Chance

Am besten fährt, wer den Adressaten der Bewerbung an die Strippe bekommt. Schwierig wird das, wenn die Bewerbung via Online-Formular erfolgte, weil es dann in der Regel keinen persönlichen Ansprechpartner – in diesem Fall hilft nur Durchfragen.

Zweiter Kontakt, zweite Chance – mit dieser Einstellung punkten Bewerber. Gitte Härter, Buchautorin und Fachfrau für Selbstmarketing in München, hält Nachhaken für eine gute Gelegenheit, "einen guten Eindruck zu machen". Allerdings sollte man nicht aufs Geratewohl anrufen. "Nicht einfach fragen: 'Ist meine Bewerbung angekommen?', und auch nicht negativ fragen: 'Die Stelle ist bestimmt schon weg, oder?'", mahnt Härter.

Die Charme-Offensive

Besser wirkt es, kurz die Fakten vorzutragen – Name, Studienrichtung, angestrebte Position – und dann zu einer vorbereiteten Frage überzuleiten. Beispiel: "Ich habe gestern in der Zeitung gelesen, dass Sie demnächst auf dem osteuropäischen Markt tätig werden. Sollte ich mich noch in dieser Richtung qualifizieren, um die Chancen meiner Bewerbung zu erhöhen?" So wird der eigentliche Anlass des Gesprächs zur Nebensache und das Interesse am Unternehmen rückt in den Vordergrund.

"In diesem Zusammenhang kann man dann auch noch mal klären, wie es um die zeitliche Planung steht: Wann die Sichtung und Auswahl der Bewerbungen abgeschlossen sein werden und wann mit einer Einladung zu einem Vorstellungsinterview zu rechnen ist", rät Susanne G. Rausch, Geschäftsführerin des Berliner Trainings- und Coaching-Unternehmens Act Value. Nebenbei kommt der Bewerber an den nächsten "Wiedervorlage-Vermerk": Herrscht dann immer noch Funkstille, dürfe man erneut nachhaken und sich auf das erste Telefonat berufen.

Hartnäckig, aber gelassen und freundlich

Eine Garantie, dass Hartnäckigkeit zum Ziel führt, gibt es aber nicht – vor allem nicht in Zeiten der Krise. Rausch empfiehlt Gelassenheit. "Wichtig ist immer, dass man die Form wahrt: Freundlichkeit, Respekt und Verständnis dafür, dass der Ansprechpartner nur begrenzt weiter helfen kann", sagt sie. "Wer das Ganze allzu persönlich nimmt und entsprechend fordernd, unfreundlich und respektlos rüberkommt, verschlechtert seine Chancen."

(Christoph Stehr, 30.06.2009)