Nur ein faires Praktikum ist ein gutes Praktikum

von Monster Contributor

In Zeiten, in denen viele Unternehmen selbst bei frischgebackenen Hochschulabsolventen schon Arbeitserfahrung erwarten, bemühen sich immer mehr Schüler und Studenten um Praktika.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Praktikanten sind in Österreich sehr schwammig und es kommt durchaus nicht selten vor, dass ein Volontär, wie Praktikanten hierzulande mitunter auch genannt werden, als billige Arbeitskraft ohne Anspruch auf Sozialleistungen missbraucht wird. Vorsicht ist also geboten. Was aber macht ein gutes Praktikum eigentlich aus?

Erster Einblick ins Berufsleben

"Ich unterscheide grundsätzlich zwei Arten von Praktika", sagt Mag. Werner Hammerl, Berufsberater aus Neudörfl. "So genannte 'Schnupperpraktika' zur Klärung von Fragen zur Berufsorientierung. Welcher Job ist der richtige für mich? Um das herauszufinden, sollte ein Praktikum von ein bis vier Wochen eigentlich ausreichend sein, wenn man sich dabei einen halbwegs fundierten Eindruck vom entsprechenden Berufsbild machen möchte."

Der zweite Typ sei ein Praktikum mit konkreteren Absichten: "Ein Pflichtpraktikum im Rahmen einer Ausbildung, oder zur Anbahnung von ersten Unternehmenskontakten. Stichwort 'Fuß in der Tür' bei einem möglichen späteren Arbeitgeber. Sie können ohne weiteres für einen Zeitraum von ein bis drei Monate angelegt sein", so Hammerl.

Sammeln von Erfahrung

Doch die Dauer allein sagt noch nichts über die Qualität des Praktikums aus. Im Zentrum steht grundsätzlich das Sammeln von Erfahrung - und das wiederum steht und fällt mit dem "Lernwert" eines Unternehmens. Wenn ein Volontär beispielsweise ganztags arbeitet, womöglich auch noch Überstunden macht und einen vollwertigen Mitarbeiter ersetzt, so wird er wahrscheinlich nur ausgenutzt. Als billige Arbeitskraft ohne nennenswerte Rechte.

Denn während reguläre Mitarbeiter normale Arbeitnehmerrechte genießen, können Praktikanten als Dienstnehmer mit "atypischem Beschäftigungsverhältnis" oft von einem Tag auf den anderen gekündigt werden. Rechtsberatung und andere Hilfe bieten ihnen oft nur die Gewerkschaften, die Arbeiterkammer und - sofern Studenten - die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH).

Praktikant als Lückenfüller

In einem solchen Fall ist der Lernwert der Firma gering: Der Praktikant wird nicht angeleitet, kann nicht dazu lernen und ist nur da, um Personallücken im Büro auszufüllen. Und da er keine gelernte Kraft ist, ist die Hoffnung auf verantwortungsvolle Aufgaben verschwindend klein. Stattdessen wird er von den Kollegen "niedere Arbeiten" aufgebrummt bekommen, die keiner erledigen will und sonst liegen bleiben.

Doch soweit muss es gar nicht erst kommen, vorausgesetzt der künftige Praktikant hält schon bei der Suche nach einer Volontärsstelle die Augen offen. Schon an der Art, wie eine entsprechende Stellenanzeige gestaltet ist, kann der angehende Praktikant nämlich erkennen, ob es das Unternehmen ernst meint oder doch nur einen lebendigen Kaffeeautomaten sucht, der nebenbei auch noch Botengänge erledigt und Papierstaus im Drucker behebt.

Auf detaillierte Tätigkeitsbeschreibungen achten

Je detaillierter eine Beschreibung der Tätigkeit in einer Jobanzeige ist, umso höher fällt die Chance auf herausfordernde Aufgabengebiete aus. Weiterer Tipp: Große Unternehmen bieten üblicherweise regelmäßig Praktika an und auf Online-Foren kann man sich darüber heute leicht mit ehemaligen Praktikanten austauschen oder deren Internet-Rezensionen lesen.

Arbeitszeiten und Erwartungen des Arbeitnehmers einerseits und des Praktikanten andererseits sollte man schon beim Bewerbungsgespräch klären - zum Beispiel über die genaue Tätigkeit oder die Verfügbarkeit eines eigenen Arbeitsplatzes.

Bei Fragen und Problemen sollte ein Mentor helfen

"Achten Sie auch darauf, dass ihnen bereits im Vorfeld des Praktikums eine konkrete Ansprechperson als Mentor zugewiesen wird. An ihn können sie sich dann bei auftretenden Fragen und Problemen wenden - einfach, rasch und unmittelbar", rät Karrierecoach Hammerl. Das könne später viel Ärger ersparen und den Kopf für effizientes Lernen frei halten.

In Sachen Vergütung gehen die Meinungen auseinander. Werner Hammerl erklärt dazu: "Das kommt immer auf die Gepflogenheiten des entsprechenden Unternehmens an, andererseits auch auf den Umfang jener Kenntnisse und Qualifikationen, die der Praktikant aus seiner bisherigen Ausbildung in das Praktikum einfließen lassen kann."

Schnupper- oder Jobanbahnungspraktikant

So gesehen solle der "Schupper-Praktikant" wohl besser gar keine Entlohnung erwarten, während der "Jobanbahnungs-Prakikant" je nach Erfahrung und Aufgaben sehr wohl eine Bezahlung erhalten sollte. Der genaue Betrag schwankt jedoch stark und liegt am häufigsten irgendwo zwischen 400 und 800 Euro pro Monat. Wie hoch der Lohn aber auch sein mag, die wichtigste Motivation für ein Praktikum sollte immer der zu erwartende Lerneffekt sein.

"Für einen Praktikanten stellt sich dann ein Lernerfolg ein, wenn er im Rahmen des Praktikums klären kann, ob er sich mit der bereits spezialisierten Arbeitsweise oder auch der vorliegenden Unternehmenskultur des jeweiligen Arbeitgebers selbst identifizieren kann", so Hammerl. Der Praktikant wisse dann, ob er eine Laufbahn in diesem Unternehmen oder Arbeitsfeld anstreben wolle.

(Benedikt Mandl, März 2007)