Richtig Fragen stellen im Vorstellungsgespräch

Wer Fragen stellt, bekundet Interesse und Engagement. Das gilt ganz besonders im Vorstellungsgespräch. Wie Sie sich vorbereiten und worauf Sie achten sollten.

Von Benedikt Mandl

"Haben Sie noch irgendwelche Fragen?" Der vorsitzende Personalist nimmt die Brille von der Nase und lächelt der Kandidatin ermutigend zu. Es geht um eine Stelle bei einer namhaften Bank, zu besetzen in der Filiale im niederösterreichischen Amstetten.

"Wer dumme Fragen stellt, ist weg vom Fenster"

ögert kurz, dann fragt sie: "Gibt es diese Bank eigentlich nur in Amstetten oder haben Sie auch noch andere Filialen?" Das sitzt; immerhin ist das Unternehmen wohl in Hunderten Gemeinden in ganz Österreich präsent.

"Wer offensichtlich dumme Fragen stellt, ist natürlich weg vom Fenster", erklärt Elfriede Gerdenits, die als Job- und Karrierecoach vor allem in Ostösterreich aktiv ist. Sie saß bei dem Gespräch, das vor einigen Jahren stattfand, in der Auswahlkommission. Mit der letzten Frage disqualifizierte sich die Kandidatin.

Was soll die Frage nach der Frage?

Sie hat, so Gerdenits, eine wichtige Grundregel gebrochen: Unter keinen Umständen dürfe man eine Frage stellen, die auch ein schneller Blick auf die Website des Unternehmens beantworten könnte. Wer das tut, der signalisiert: Ich bin nicht vorbereitet, ich nehme diese Bewerbung nicht ernst.

Was aber soll die Frage nach der Frage? Immerhin gehört sie zum Standardrepertoire von Personalisten – wird sie nur aus Höflichkeit gestellt? Keineswegs: "Personalisten erwarten auf jeden Fall, dass Bewerber hier vertiefende Fragen stellen", erklärt Dr. Wolfgang Amanshauser, Unternehmensberater aus Salzburg. "Hier zu schweigen signalisiert Desinteresse; außerdem verschenken sie damit eine gute Gelegenheit, mehr über ihre künftige Position zu lernen."

Ehrliches Interesse zeigen

Doch auch Amanshauser warnt davor, seicht zu bleiben: Abhängig vom vorhergehenden Gesprächsverlauf solle man vertiefende Fragen stellen, die vor allem eines zeigen: Ehrliches Interesse der beworbenen Position - und dass man sich intensiv mit dem Unternehmen auseinandergesetzt hat. Für die Vorbereitung kann man die Unternehmenswebsite studieren; aber auch Web 2.0 Projekte wie kununu.com sind empfehlenswert. Dort tauschen sich aktuelle und ehemalige Mitarbeiter mit Interessenten über die Unternehmenskultur aus. Mit Glück finden Sie hier sogar Ansprechpartner für ein persönliches Vorgespräch, über das sie an interne Informationen gelangen können.

"Wesentliche Punkte, die sie im Gespräch geklärt haben wollen, können sie auch durchaus auf einer Liste vorbereiten, mitbringen und dann im Gespräch abhaken oder mit Notizen ergänzen", meint Elfriede Gerdenits. Das wirke professionell. Sie zählt auf: Aufgaben; Ziele und die Bedingungen für die Zielerreichung; Verantwortungsbereich und die künftige Rolle im Unternehmen; Organigramm und die eigene Position innerhalb der Hierarchie; Einstiegsphase; und natürlich das Gehalt. Bleibt am Ende des Gesprächs etwas offen, können Sie nachhaken.

Vorsicht bei Fragen nach Fortbildungsmöglichkeiten

Je nach beworbener Stelle oder Unternehmen können noch andere Bereiche Raum für vertiefende Fragen bieten: "Viele Unternehmen haben zum Beispiel kein Firmenleitbild oder Informationen über die Zukunftsstrategien auf ihrer Website. Da kann man dann nachfragen. Oder um Informationen zum Team, zur Altersstruktur, zu Fortbildungsmöglichkeiten bitten."

Wolfgang Amanshauser ist hier vorsichtiger. Zwar nennt auch er die Themen innerbetriebliche Fortbildung und persönliche Weiterentwicklung als potentielle "Fragebereiche". Man solle aber allgemein bleiben, nicht zu konkret werden und nicht zu lange bei diesen Themen bleiben, denn: "Wer nur an Entwicklung und Fortbildung denkt, der wird vielen Personalisten suspekt sein. Man signalisiert damit, dass man das Unternehmen nur als Zwischenstation sieht."

Unterschiede zur Schweiz und Deutschland

Und das werde vor allem bei Kleinen und Mittelständischen Unternehmen (KMUs) nicht gerne gesehen. Dazu kommt, dass Arbeitgeber Weiterbildungsmaßnahmen oft nur als unerwünschten Kostenfaktor sehen – auch das gilt vor allem für KMUs, die weniger Raum zur Entfaltung bieten. Die österreichische Unternehmensstruktur sieht Amanshauser als Schlüssel, um die Kultur der heimischen Bewerbungsgespräche zu verstehen.

"Im Vergleich zu Deutschland oder der Schweiz sind Bewerbungsgespräche hierzulande oft extrem untergriffig", kritisiert er. "Die Mehrheit der Gespräche wird von nicht ausgebildeten Personalisten geführt, es gibt kaum Standardisierungen." Fragen nach Beziehung, Familienhintergrund oder Familienplanung wären in Deutschland undenkbar, außerhalb des deutschsprachigen Raumes seien auch Fragen nach Hobbys oder Freizeitgestaltung inakzeptabel – in Österreich aber Gang und Gäbe. Eine Einladung, auch als Bewerber entsprechend selbstbewusst oder gar aggressiv zu reagieren?

"Subtile Unterwürfigkeit"

Auf keinen Fall, so Amanshauser. "Österreichische Unternehmer wollen eine subtile Unterwürfigkeit", fasst er zusammen. Auch bei der Frage nach der Frage solle man das berücksichtigen: "Seien sie hart in Bereichen wie fachlicher Qualifikation und Arbeitshaltung; beim Thema ihrer Einstellung zum Unternehmen dürfen Sie aber nicht konfrontativ wirken. Österreicher wollen keine Querdenker im System." Wer sich daran stößt und das Unternehmen unsympathisch findet, kann die Bewerbung nach dem erfolgreichen Gespräch ja immer noch zurückziehen.

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