Vorbereitet in die Arbeitslosigkeit

Arbeitslos - was nun? Wir sagen Ihnen, welche Vorkehrungen Sie treffen sollten.
Wer seinen Arbeitsplatz verliert, findet sich in einer neuen Lebenssituation wieder: Zum Gefühl "nutzlos" geworden zu sein, kommen Existenzängste und der Kampf mit Behörden. Wirtschaftsexperten erwarten 2010 einen starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen - umso wichtiger ist es, vorbereitet in diese unerfreuliche Phase einzutreten.
"Wir spüren bei unseren Beratungen seit Wochen einen starken Anstieg bei Anfragen zu Kündigungen", bestätigt Dr. Erich Krutter, Leiter der Rechtsabteilung der Arbeiterkammer Salzburg die schlechte Wirtschaftslage. Die Arbeiterkammer ist der erste Anlaufpartner für viele frisch Entlassene und bietet Informationen und Rechtsberatung rund um das Thema Kündigung und Arbeitslosigkeit.
Einsicht in den Arbeitsvertrag nehmen
Sicherheit und Vorbereitung beginnen für Krutter aber schon vor der Kündigung: Immer öfter werde bei der Anstellung kein Dienstvertrag oder Dienstzettel ausgehändigt. Vermeintlich Angestellte seien beispielsweise auf Basis eines Werkvertrages beschäftigt und verstehen die Konsequenzen davon nur unzureichend - etwa der Umstand, dass für sie keine Kündigungsfristen gelten. "Jeder Arbeitnehmer soll daher unbedingt Einsicht in den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel nehmen", so Krutter. Darin seien auch Kündigungsfristen vermerkt.
Was noch wichtiger ist: Auch der für den Angestellten geltende Kollektivvertrag (KV) mit allen Rechten und Pflichten für Arbeitgeber und -nehmer sind in diesem Dokument angeführt. Und der geltende Kollektivvertrag ist keineswegs immer offensichtlich: "Vor allem bei Dienstgebern, die in mehreren Bereichen operieren, ist die Situation oft kompliziert und der relevante Kollektivvertrag ein ganz anderer, als der Arbeitnehmer glaubt."
Welcher Kollektivvertrag gilt?
Doch auch aus dem KV können sich Konsequenzen für die Kündigungsfristen, die Höhe des Arbeitslosengeldes oder die Abfertigung ergeben - so haben beispielsweise Arbeiter geringere Ansprüche auf Arbeitslosengeld als Angestellte. Leider, so Krutter, seien Arbeitnehmer in wirtschaftlich angeschlagenen Zeiten so unter Druck, dass sie es oft nicht wagen, den Dienstzettel nach gutem Recht einzufordern.
Apropos Druck: Viele Arbeitgeber versuchen laut Krutter den entlassenen Arbeitnehmer dazu zu bewegen, einer einvernehmlichen Kündigung formell zuzustimmen. "Da heißt es oft, dass eine einseitig ausgesprochene Kündigung am Arbeitsmarkt schlecht aussehen würde und es im eigenen Interesse sei, einer 'einvernehmlichen' zuzustimmen."
Einvernehmliche Kündigung
Gehen die Betroffenen darauf ein, so schnüren die Arbeitgeber oft Gesamtpakete für die Kündigung, bei der geleistete Überstunden "vergessen" oder andere Nachteile für den Gekündigten eingebaut werden. Eine kurze Rückfrage bei Gewerkschaft, Arbeiterkammer oder Rechtsbeistand kann hier unnötigem Kopfweh nach der Kündigung vorbeugen. Die Art der Kündigung hat dennoch Konsequenzen für das Arbeitslosengeld: Wer selbst kündigt oder fristlos entlassen wird, der hat vier Wochen lang keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld - die Gesamtbezugsdauer bleibt aber gleich.
Anfechtungen von Kündigungen kommen in der Praxis nur sehr selten vor - ein Arbeitnehmer, der den eigenen Chef verklagt, kann sich kaum noch gute Chancen auf eine erfolgreiche Laufbahn ausrechnen. Dennoch kann sich eine Prüfung in Einzelfällen lohnen, etwa bei älteren Arbeitgebern mit eingeschränkten Perspektiven oder wenn ein Anspruch auf Entschädigung vorliegt.
Ansprüche geltend machen
Frist- oder terminwidrige Kündigungen sind zwar grundsätzlich gültig, allerdings kann der Geschädigte unter bestimmten Umständen einen Kompensationsanspruch geltend machen - etwa bei Unternehmen mit mehr als 45 Beschäftigten. Doch hier ist Vorsicht geboten: Für Anfechtungen besteht eine Frist von nur einer Woche nach dem Aussprechen der Kündigung!
Im Regelfall wenden sich Gekündigte aber der Zukunft zu: Arbeitslosengeld beantragen, in Schulungen gehen und einen neuen Arbeitsplatz suchen. Auch dafür gelten strenge Vorgaben. Wer Arbeitslosengeld beanspruchen möchte, der muss am ersten Tag der Arbeitslosigkeit im zuständigen Büro des Arbeitsmarktservice (AMS) vorstellig werden.
Existenzsicherung durch Arbeitslosengeld
Wer von seiner Kündigung schon im Voraus weiß, kann sich online unter www.ams.at registrieren und einen Termin innerhalb eines zweiwöchigen Zeitfensters festlegen. Das persönliche Gespräch ist für den Antrag aber auch in diesem Fall essentiell.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes können Arbeitnehmer schon vorher auf der Website des AMS berechnen lassen. Grundsätzlich gilt: Als Grundbetrag des Arbeitslosengeldes gebührt ein Tagsatz in der Höhe von 55 Prozent des ermittelten täglichen Nettoeinkommens. Das Arbeitslosengeld dient der Existenzsicherung während der Arbeitssuche.
Wer hat Anspruch?
Bezieher müssen der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen. Hat der Gekündigte noch nie Arbeitslosengeld bezogen, so gilt, dass er mindestens 52 Wochen einer Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter nachgegangen sein muss - und zwar innerhalb der letzten beiden Jahre vor dem Antrag.
Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben darüber hinaus auch Lehrlinge. Wer schon einmal Arbeitslosengeld bezogen hat, für den gelten 28 Wochen Beschäftigung innerhalb des Jahres vor der Antragsstellung. Berufseinsteiger kommen in den Genuss einer Sonderregelung: Wer unter 25 ist und noch nie arbeitslos war, für den genügen 26 Wochen Beschäftigung innerhalb des letzten Jahres vor dem Antrag - allerdings nur, sofern das AMS nicht binnen vier Wochen einen neuen Arbeitsplatz oder eine Schulung vermittelt.
Bezugsdauer
Wer Arbeitslosengeld zuerkannt bekommt, der erhält vom AMS eine Mitteilung, in der auch die Höhe genannt ist. Im Fall einer Ablehnung schickt das AMS einen Bescheid, gegen den innerhalb von 14 Tagen berufen werden kann.
Die maximale Bezugsdauer hängt davon ab, wie lange der Arbeitslose vor der Kündigung beschäftigt war und wie alt er ist. Als Stichtag gilt der Tag der Antragsstellung: Wer über 40 ist und Sie innerhalb der letzten zehn Jahre 312 Wochen beschäftigt war, kann 39 Wochen lang Arbeitslosengeld beziehen. Wer über 50 ist und innerhalb der letzten 15 Jahre 468 Wochen beschäftigt war, kann 52 Wochen lang Arbeitslosengeld beziehen.
Ein Trostpflaster für Arbeitslose stellt vielleicht der ORF dar: Wer Arbeitslosengeld bezieht, kann eine Befreiung von den GIS Gebühren beantragen. Entsprechende Formulare erhalten Sie in Post- und Gemeindeämtern.
(Benedikt Mandl, 15.07.2009)