Weiterbildung: Den Chef überzeugen
Weiterbildung ist sinnvoll, aber nicht bei allen Firmen gern gesehen. Wie Sie die richtige Weiterbildung finden und dann Ihren Chef davon überzeugen.
"Auf keinen Fall sollen berufstätige Menschen in Weiterbildungen gehen, ohne vorher den Chef darüber informiert zu haben", warnt Mag. Barbara Graber. Sie ist Karrierecoach aus Klagenfurt und weiß nicht nur durch ihre Arbeit mit Klienten, sondern auch aus eigener Erfahrung, dass der Wunsch nach Weiterbildung bei vielen Arbeitgebern nicht gerne gesehen wird.
Manche Arbeitgeber sehen Weiterbildung nicht gerne
Warum eigentlich nicht? Weiterbildung neben der Arbeit muss sich ja nicht negativ auf die Arbeitsleistung auswirken. Und immerhin deutet der Wille zur Weiterbildung auch auf Ambition und Ehrgeiz hin. Ganz so einfach ist es aber nicht, wie Barbara Graber erklärt."Wer sich weiterbildet, der will sich entwickeln. Das heißt auch, dass sich diese Person davon weg entwickeln möchte, was sie gerade macht – also den jetzigen Arbeitsplatz aufgeben", so der Karrierecoach.
Vor allem im öffentlichen Dienst und bei Klein- und Mittelständischen Unternehmen (KMUs) bedeutet das Umschichtungen durch den effektiven Verlust einer Arbeitskraft. Noch dazu um eine bereits voll integrierte Arbeitskraft, die nach dem Ausbildungsabschluss womöglich auch noch eine neue Position mit mehr Geld will – das sehen viele Arbeitgeber gar nicht gerne.
Keine überstürzten Entschlüsse
"In den letzten Jahren ist zwar von Seiten der Arbeitnehmer die Bereitschaft gestiegen, sich auch im Beruf weiterzubilden", so Graber. "Die Bedeutung der Bildungskarenz und anderer Erleichterungen ist aber stark zurückgegangen."
Wozu soll man sich dann eigentlich weiterbilden? Zuerst sollte man sich als Arbeitnehmer ein klares Bild von der eigenen Karriere machen. Das sieht auch Dr. Magda Bleckmann so. Die Grazerin ist seit Jahren als Karrierecoach in Süd- und Ostösterreich tätig und rät von überstürzten Entschlüssen ab.
Großes Angebot für Weiterbildungwillige
"Zuerst sollten sie sich fragen, wo sie in sieben Jahren sein wollen. Wenn sie dieses Ziel dann festgelegt haben, können sie den Weg dort hin erkennen und beurteilen, ob eine Weiterbildung dafür nötig ist", empfiehlt sie.
Die Angebote für Weiterbildungen sind in den letzten Jahren bundesweit enorm gestiegen: Postgraduiertenkurse wie Master, verschiedene Diplome oder einzelne Kurse bieten mittlerweile so viele Einrichtungen an, dass man in wenigen Zeilen unmöglich einen Überblick schaffen könnte. Nur so viel: Relativ sicher fährt man mit Universitätslehrgängen, die in Kooperation mit anerkannten Hochschulen zu akademischen Abschlüssen führen. Eine Stufe darunter kommen Lehrgänge universitären Charakters, zu denen in Österreich noch immer viele MBAs gehören.
Wissen, was man will
Gänzlich unakademisch sind die meisten Ausbildungen privater Einrichtungen – Sprachkurse, Neurolinguistische Programmierung, IT Kurse. Je nach Profil kann jede dieser Weiterbildungsformen für einen Arbeitgeber sinnvoll sein. Wer sich über Weg und Ziel aber im unklaren ist, der soll professionellen Rat in Anspruch nehmen. Magda Bleckmann empfiehlt in solchen Fällen ein Coaching mit einem Profi, bevor man seinen Weg festlegt.
Spätestens wenn man sich definitiv für eine Weiterbildung entschlossen hat, sollte man den Gang zum Chef antreten. "Offene Karten sind hier wichtig", meint Barbara Graber. Im Vorfeld sollte man sich genau überlegen, was man vom Arbeitgeber erwartet.
Den Chef überzeugen
Meistens geht es um Zeit – wer abends oder am Wochenende studiert, der kann weniger Überstunden machen. Gleitzeiten, bestimmte Urlaubsarrangements für Blockseminare oder ein Monat Urlaub am Ende eines Studiums, damit man sich auf die Diplomarbeit konzentrieren kann. In extremeren Fällen fragen Arbeitnehmer aber auch um Bildungsurlaub, eine Beteiligung an den Ausbildungskosten oder eine längere Karenzierung.
"Legen sie sich schon vorher eine Argumentationslinie bereit", rät Barbara Graber. "Heben sie die Vorteile für ihren Chef hervor – vielleicht können sie durch die Weiterbildung mehr Wissen in das Unternehmen einbringen. Überlegen sie sich auch mögliche Gegenargumente und wie sie diese widerlegen können." Dabei solle man sich in die Lage des Arbeitgebers hineinversetzen.
Öffentliche Förderung
Barbara Graber sieht durch ihre Klienten zwei Typen von Arbeitgebern: "Großunternehmen können sich Bildungskarenzen oder Förderungen eher leisten. Sie sind aber auch oft sehr starr. KMUs dagegen können Weiterbildungen oft aus wirtschaftlichen Gründen kaum unterstützen, wären aber prinzipiell flexibler." Bei den KMUs ist das persönliche Gespräch mit dem Arbeitgeber daher besonders wichtig.
Unter bestimmten Bedingungen können öffentliche Förderungen für Weiterbildungsmaßnahmen übrigens nur über den Arbeitgeber beantragt werden. Informationen dazu bietet die Arbeiterkammer, für freischaffende Arbeitnehmer aber auch die Wirtschaftskammer. "Immerhin ist die Bereitschaft zur Weiterbildung bei Ein-Personen-Unternehmen besonders stark ausgeprägt", schließt Barbara Graber. Vielleicht auch deshalb, weil man sich den Gang zum Chef spart, wenn man sein eigener Arbeitgeber ist.